PINK WALK

EXPERTEN TALK

mit Prof.in Dr. Wiebke Göhner

Wiebke Göhner ist Physiotherapeutin und Gesundheitspsychologin. In ihrer Lehre und Forschung beschäftigt sie sich mit den Grundlagen gesundheitsbezogener Verhaltensänderung, insbesondere mit Blick auf motivationale und volitionale Faktoren eines körperlich aktiven Lebensstils (vgl. www.movo-konzept.de). Im Zentrum stehen die Entwicklung, Implementierung und Evaluation theoriegeleiteter Interventionen, insbesondere zur Förderung von Bewegung und ausgewogener Ernährung. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Transfer psychologischer Erkenntnisse in die Praxis durch gezielte Gesprächsstrategien in der Bewegungstherapie, sog. behavior change techniques.

Prof.in Dr. Wiebke Göhner - (Foto: Katholische Hochschule Freiburg)

Mentale Barrieren verstehen – Motivation in Bewegung verwandeln

Ein Gespräch über Motivation, Selbstwirksamkeit – und die Kraft, dranzubleiben.

Bewegung tut gut – doch der Alltag ist oft der größte Gegner: Termine, Müdigkeit, schlechtes Wetter oder einfach keine Lust. Wie schaffen wir es trotzdem, dranzubleiben? Und was hilft, wenn der innere Schweinehund mal wieder lauter ist als der gute Vorsatz?

Im Gespräch mit Prof.in Dr. Wiebke Göhner geht es um mentale Barrieren, realistische Ziele und die Bedeutung kleiner Schritte. Sie erklärt, warum Selbstwirksamkeit so motivierend wirkt, wie Bewegung auch die psychische Gesundheit stärkt – und weshalb jede*r den eigenen, passenden Weg finden sollte, statt sich etwas aufzuzwingen.

Wir befinden uns gerade in den ersten Tagen des Pink Walks. Der Startschuss ist gefallen – viele haben bereits ihre ersten Schritte gemacht. Aber was tun, wenn die anfängliche Motivation nachlässt? Gibt es Strategien, um am Ball zu bleiben und Bewegung in den Alltag zu integrieren?

Prof.in Dr. Wiebke Göhner: „Ja, die gibt es auf jeden Fall. Erst einmal finde ich es großartig, dass der Pink Walk schon gestartet ist und so viele mitmachen. Aber klar – es ist völlig normal, dass unterwegs Barrieren auftauchen. Das Wichtigste ist zu wissen: Jeder Mensch hat sie. Es ist also nichts Ungewöhnliches, wenn man mal durchhängt. Entscheidend ist, wie man damit umgeht.“

Was wären denn typische Barrieren – und wie unterscheidet man zwischen „kleinen Ausreden“ und echten Hindernissen?

Prof.in Dr. Wiebke Göhner:  „DEin klassisches Beispiel ist das Wetter: Es sieht nach Gewitter aus, also bleibt man lieber drin. Solche situativen Barrieren lassen sich meist gut einordnen – denn eigentlich sind sie klein im Vergleich zum Ziel, das ich mit Bewegung verfolge. Wenn ich mir bewusst mache, warum ich das tue – z. B. für meine Gesundheit, mein Wohlbefinden oder für den sozialen Austausch – fällt es leichter, diese Hindernisse zu übergehen.
Komplexer wird es, wenn der Alltag selbst zur Barriere wird. Er ist oft unvorhersehbar, Dinge kommen dazwischen, Termine verschieben sich. Deshalb ist es hilfreich, den eigenen Alltag gut zu kennen. Wer weiß, wann es eng wird, kann gezielter planen – oder flexibel reagieren."

Also die Strategie lautet: Alltag verstehen, Ziele definieren – und Bewegung planen?

Prof.in Dr. Wiebke Göhner:  „Genau. Man sollte sich bewusst machen: Wann habe ich typischerweise Zeit, wie reagiere ich in stressigen Phasen, welche Art der Bewegung passt zu mir? Es hilft sehr, wenn ich verstehe, wie ich ticke – dann kann ich Bewegung realistischer und langfristiger in mein Leben integrieren."

Viele berichten, dass Bewegung ihnen nicht nur körperlich, sondern auch seelisch guttut. Was sagt die Wissenschaft dazu?

Prof.in Dr. Wiebke Göhner: „Es gibt mittlerweile eine Fülle an Studien, die das bestätigen. Bewegung kann viele positive Effekte auf die psychische Gesundheit haben: Sie kann das Wohlbefinden steigern, beim Stressabbau helfen, den Schlaf verbessern, gegen depressive Verstimmungen wirken – und auch bei Depressionen oder Ängsten. Ein wichtiger psychologischer Faktor dabei ist die Selbstwirksamkeit: Wenn ich spüre, dass ich etwas geschafft habe, wächst mein Vertrauen in mich selbst – das motiviert ungemein. Bewegung stärkt also nicht nur den Körper, sondern auch die mentale Gesundheit."

Haben Sie aus Ihrer Praxis oder Ihrem persönlichen Alltag Tipps, wie man leichter in Bewegung kommt?

Prof.in Dr. Wiebke Göhner: „Ganz klar: Es muss zu einem selbst passen. Was einem aufgedrängt wird, hat wenig Bestand. Die Bewegung sollte sich gut anfühlen – auch an Tagen, an denen es schwerfällt. Dabei können kleine Erfolgserlebnisse helfen oder auch die Unterstützung von anderen: Eine Freundin, die mich motiviert, jemand, der mitgeht oder einfach dabei ist. Manche Menschen lieben es, allein zu trainieren, andere bevorzugen Gesellschaft. Beides ist wertvoll. Hauptsache, es führt dazu, dass man sich regelmäßig bewegt – und positive Erfahrungen sammelt."

Eine schöne Zusammenfassung: Ziele setzen, sich selbst kennen, kleine Erfolge feiern – und Bewegung zur eigenen Sache machen. Zum Schluss: Unser Motto lautet „Move your feet and feel it in your soul“. Was bedeutet das für Sie persönlich?

Prof.in Dr. Wiebke Göhner: „Für mich heißt das: Spüren, was Bewegung mit einem macht – körperlich und seelisch. Sich mal selbst beobachten, wie sich Bewegung anfühlt. Das lohnt sich. Und das kann ich wirklich jeder und jedem nur empfehlen."

Neugierig auf mehr?

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