PINK WALK
EXPERTEN TALK
mit Nadine Volkmer
Nadine Volkmer ist Sportpsychologin und Dozentin für Gesundheitsförderung und Prävention. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich intensiv mit den psychologischen Aspekten von Bewegung und deren Einfluss auf die mentale Gesundheit. Aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrung in der Unterstützung von Menschen bei der Entwicklung gesunder Verhaltensweisen und der Überwindung innerer Hürden, ist sie überzeugt davon, dass Bewegung nicht nur die körperliche Gesundheit stärkt, sondern auch einen entscheidenden Beitrag zum mentalen Wohlbefinden leistet. Mit diesem Thema befasst sie sich auch im Rahmen ihrer Dissertation und erforscht, wie Motivation, insbesondere die intrinsische Motivation, das Wohlbefinden von Individuen beeinflusst.

Nadine Volkmer - Sportpsychologin und Dozentin für Gesundheitsförderung und Prävention
Bewegung beginnt im Kopf – und verändert alles
Wie Sportpsychologin Nadine Volkmer zeigt, dass jeder Schritt zählt
Die Kraft der kleinen Schritte
Es braucht nicht viel, um etwas in Bewegung zu bringen. Manchmal reicht ein einziger Schritt – und genau da beginnt auch Veränderung. Die Sportpsychologin Nadine Volkmer weiß, wie eng körperliche Aktivität und seelisches Wohlbefinden miteinander verknüpft sind. In ihrer Arbeit an der Schnittstelle zwischen Gesundheitsförderung, Psychologie und Prävention begleitet sie Menschen dabei, gesunde Routinen zu entwickeln – nicht mit Druck, sondern mit Feingefühl. Denn Bewegung, so sagt sie, ist nicht nur eine Frage des Körpers, sondern vor allem eine des Kopfes.
Bewegung ohne Druck - Einfach Anfangen
„Niemand wird direkt mit einer Stunde starten und das dann in der Regelmäßigkeit beibehalten“, sagt sie mit Überzeugung. Viel entscheidender sei es, sich kleine Etappenziele zu setzen, um überhaupt ins Handeln zu kommen: „Deswegen brechen wir diesen Berg runter, in kleine Etappenziele.“
Schon ein kurzer Spaziergang kann dabei eine große Wirkung entfalten: „Um das Ganze zu verdeutlichen: Ausgehend von einer Skala von 0 bis 10 sind wir am Anfang wahrscheinlich bei 0 - dann können wir nicht gleich davon ausgehen, dass wir sofort die 10 erreichen. Wenn wir uns beispielsweise nur zehn Minuten am Tag bewegen und einen Spaziergang machen, dann sind wir quasi schon irgendwo zwischen null und fünf, weil wir begonnen haben.“
Mentale Hürden mit Sprache überwinden
Was uns oft im Weg steht, sind nicht äußere Umstände – sondern unsere Gedanken. Nadine betont, wie sehr unsere innere Sprache unsere Motivation beeinflusst:
„Ich verwende da gerne mental einen Wechsel zwischen zwei Verben, nämlich nicht: Ich muss noch rausgehen oder ich muss noch Sport machen. Ich möchte noch rausgehen, ich möchte noch Sport machen.“
Das kleine Wörtchen „müssen“ sei für unser Gehirn bereits eine Barriere – wohingegen das „Möchten“ den inneren Widerstand deutlich senken kann. Auch feste Zeitfenster, kleine Routinen oder Verabredungen helfen, dranzubleiben – je nach Persönlichkeitstyp.
Bewegung als Stimmungsaufheller
Körperliche Aktivität wirkt nicht nur auf Muskeln und Kreislauf, sondern auch auf unsere Emotionen. Nadine erklärt: „Tatsächlich ist es so, dass wenn wir uns bewegen, die ganzen Botenstoffe wie Serotonin und Dopamin ausgeschüttet werden - und das sind unsere Glückshormone.“
Auch das Gefühl, etwas geschafft zu haben, spiele eine große Rolle: „Im Anschluss an die Bewegung sind wir stolz auf uns, weil wir es gemacht haben, weil wir unseren inneren Schweinehund überwunden haben.“
Diese Effekte gehen über den Moment hinaus: „Körperliche Bewegung [hat] einen genauso großen Effekt wie Antidepressiva in noch jungen depressiven Stadien.“
Selbstwirksamkeit - der Schlüssel zur Veränderung
Ein zentraler Begriff in Nadines Arbeit ist die Selbstwirksamkeit – also das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, durch eigenes Handeln etwas zu bewirken. Sie beschreibt: „Wenn wir uns bewegt haben, sind wir anschließend stolz und unsere Selbstwirksamkeit steigt an. Die Folge: Wir bewegen uns wieder und haben es dann schon zum zweiten Mal geschafft.“
So steigert sich durch Erfahrung das Zutrauen – und damit auch die Chance, dranzubleiben: „Je höher die Selbstwirksamkeit ist, desto stärker oder größer wird dann auch die Regelmäßigkeit.“
Persönlich, menschlich, motivierend
Dass sie selbst weiß, wie schwer der erste Schritt manchmal sein kann, zeigt sich auch in einem sehr persönlichen Einblick: „Mich hat Anfang des Jahres ein schwerer Schicksalsschlag getroffen und mir auch jegliche Energie geraubt. Es fiel mir unheimlich schwer, mich aufzuraffen oder mich für irgendwas zu motivieren.“
Ihr Weg zurück begann mit kleinen Schritten: „Dann habe ich meinen ganzen Anspruch komplett auf Null gesetzt und habe gesagt: Okay, ich fange mit einem kurzen Spaziergang an der frischen Luft an.“
Was anfangs schwer fiel, wurde mit der Zeit leichter: „Es hat mal besser funktioniert, es hat auch mal schlechter funktioniert, aber ich habe schon gemerkt, dass dieses kurz rausgehen, einfach mal zu laufen, aktiv zu sein, in mir was bewirkt hat.“
Jeder Schritt zählt
Ob Spaziergang, Fahrradfahren oder kleine Übungen beim Zähneputzen – Nadine macht Mut, Bewegung als etwas Niederschwelliges und Positives zu sehen. Sie sagt: „Man könnte auch beim Zähneputzen anfangen mit den sogenannten Wadenhebern.“
Und sie erinnert daran: „Wenn wir bei null stehen, ist alles, was darüber hinausgeht, bereits ein Erfolg.“
Ihr Ansatz passt perfekt zum Gedanken hinter dem Pink Walk: Jeder Schritt zählt. Und sei er noch so klein – er ist ein Anfang. Und aus einem Anfang kann so viel mehr werden.